Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Schneider (Begriffsklärung) aufgeführt.
Ein Schneidermeister in Gera, 1958
Schneider (von mittelhochdeutsch snëden âÂÂschneidenâÂÂ) ist ein handwerklicher Lehrberuf der Textilverarbeitung. Die Aufgabe des Schneiders ist es, Textilien zu Bekleidung zu verarbeiten. Die Handwerkzeuge des Schneiders sind seit alters her Nadel, Faden, Schere und Bügeleisen, seit dem 19. Jahrhundert zunehmend auch die Nähmaschine. Durch die Industrialisierung und Konfektionsfertigung ist die handwerkliche Schneiderei stark zurückgegangen.
Inhaltsverzeichnis
1 Berufsbild
2 Spezialschneider
3 Online-Schneider
4 Geschichte
5 Literatur
6 Siehe auch
7 Weblinks
8 Einzelnachweise
Berufsbild
Zunftwappen der Schneider
Die Anprobe, 1971
Als Ausbildungsberuf wird zwischen Damenschneider/Damenschneiderin und Herrenschneider/Herrenschneiderin unterschieden, je nachdem, für welches Geschlecht bevorzugt Kleidung hergestellt wird. Der hauptsächliche Unterschied liegt im Zuschnitt der Kleidungsstücke. Im 19. Jahrhundert wurden in der Herrenschneiderei Schnittsysteme entwickelt, die eine genaue Passform und einen korrekten Sitz ergaben, während die Damenschneiderei eher âÂÂmodellierteâ Kleidungsstücke bevorzugte, die mit Falten, Weite und Stoffzügen arbeiteten, um bevorzugt âÂÂschöneâ Effekte zu erzielen. Der Damenschneiderberuf ist relativ neu und hat sich erst im Laufe des 19. Jahrhunderts als eigenständiges Handwerk etabliert; in älteren Zunftordnungen wird zur Meisterprüfung neben Näh- und Bügelproben, Anfertigung von Hosen, Schauben usw. auch die Fertigung eines âÂÂFrauenstückesâ gefordert.
Heute werden bei der Herstellung der Konfektion âÂÂvon der StangeâÂÂ, also jeglicher nicht individuellen Oberbekleidung, die wichtigen Fertigungstätigkeiten des Schneiderberufs gröÃÂtenteils von Arbeitern in Billiglohnländern (z. B. China oder Vietnam) übernommen. Die Verarbeitung von Stoffen zu Kleidungsstücken ist nur begrenzt zu automatisieren und bleibt personalintensiv.
Gehalten haben sich jedoch kreative Berufszweige, wie Modeschneider und Modedesigner, hervorgegangen aus dem Zuschneider. Zuschneiden ist Teil der Ausbildung und Aufgabe des Schneidermeisters, in dem er Kleidung entwirft, dafür die Schnitte errechnet (aufstellt) und zuschneidet. Neben dem Meister, der in der Regel der Inhaber des Betriebs war, gab es die Gesellen, die vor allem nähten, dressierten und bügelten.
Es gibt jedoch weiterhin, wenn auch in weitaus geringerem Umfang, den MaÃÂschneider mit eigenem Atelier, bei dem die Kundin oder der Kunde sich unter anderem ein Kostüm, ein Kleid oder einen Anzug nach Maàfertigen lassen können. Neben besonderen Modell- oder Stoffwünschen kann der MaÃÂschneider individuell auf Kunden mit von den KonfektionsgröÃÂen abweichenden MaÃÂen eingehen.
Spezialschneider
Es gibt spezialisierte Lederschneider; die Pelzverarbeiter nennen sich Kürschner.
WeiÃÂnäher beschäftigen sich mit Stickereien und Verzierungen auf weiÃÂen Textilien wie z. B. Bettwäsche, Tischtüchern oder Taschentüchern, aber auch auf Damenunterwäsche.[1][2]
Nicht mit der Herstellung betraut ist der ÃÂnderungsschneider (ursprünglich Flickschneider), in Deutschland ein Ausbildungsberuf seit dem 1. August 2005, der bezeichnungsgemäàÃÂnderungen und Ausbesserungen an fertiger Oberbekleidung vornimmt.
Online-Schneider
Auf entsprechenden Webseiten kann man genaue KörpermaÃÂe eingeben; später bekommt man die bestellten Kleidungsstücke per Post zugeschickt.
Geschichte
Schneider im Schneidersitz, 1955
Altes Schneideröfchen, nummerierte Bügeleisen mit Wechselgriffen
In der römisch-griechischen Antike dominierte zunächst drapierte Kleidung, erst die Verbreitung der Körperform angepasster Kleidung machte die Tätigkeit des Schneiderns notwendig.[3] Bis zum 12. Jahrhundert wurde Kleidung meist noch von der Familie selbst oder in Klöstern hergestellt; daher kam der Beruf des Schneiders erst Mitte des 12. Jahrhunderts auf.
In Frankreich unterschied man zu dieser Zeit die Berufe Schneider und Näher (Nähknecht). Der französische Schneider war im Unterschied zum Kleidermacher nicht in einer Zunft organisiert und hatte daher weniger Ansehen und Aufträge. Aus diesem Grunde wurde in Frankreich der Beruf häufig von Juden, denen der Zugang zu den Zünften verwehrt war, ausgeübt. Dieser Zustand hielt an bis zur Abschaffung der Zünfte in Frankreich nach der französischen Revolution 1789.
Weil sie nach dem Verständnis früherer Zeiten Frauenarbeit verrichteten, waren Schneider jahrhundertelang dem Volksspott ausgesetzt. Wie anhand vieler satirischer ÃÂberlieferungen belegt ist, galt der Schneider oft als Verliererfigur. Noch heute heiÃÂt es bei manchem Kartenspiel, dass derjenige einen âÂÂSchneiderâ hat, der besonders wenige Punkte erreicht hat.[4]
Die Nähknechte waren vielfach eher schmächtige, manchmal auch körperlich behinderte Menschen, die körperlich schwere Arbeiten nicht ausüben konnten. Dies trug viel zum schlechten Image des im âÂÂSchneidersitzâ mit unterschlagenen Beinen auf dem Tisch hockenden Schneiders bei. Mit dem Aufkommen der Nähmaschinen ab etwa 1830 (siehe auch Schneiderrevolution), verschwand dieser Hilfsberuf schnell, überlebte aber zeitweise noch im Zuarbeiter der Gesellen.
Der älteste und längste Streik der Handwerksgeschichte war der Bann der Schneidergesellen ab 1398[5][6], als diese, als Reaktion auf die SchlieÃÂung ihrer Trinkstube, zehn Jahre lang bei ihren Wanderungen die Stadt Konstanz mieden, bis der Magistrat den Gesellen die Trinkstube wieder erlaubte.
Schneider mit Schere, Nadel, Garn und Dorn (zur Bearbeitung von Pelzen); Spätmittelalter
Der Schneider mit seinen Gehilfen, Kupferstich von Daniel Chodowiecki, 1774
Schneider-Musterbuch, USA 1914
Literatur
Wendelin Mottl: Grundlagen und die neusten Fortschritte der Zuschneidekunst. Prag 1893 (Digitalisat)
Ruth Sprenger: Die hohe Kunst der Herrenkleidermacher. Tradition und Selbstverständnis eines Meisterhandwerks. Böhlau Verlag, Wien 2009, ISBN 978-3-205-77757-1
Johann Werfring: Schneider, Schneider, meck, meck, meck⦠In: Wiener Zeitung, 10. Juni 2010, Beilage âÂÂProgrammPunkteâÂÂ, S. 7.
Siehe auch
Das tapfere Schneiderlein
Zwischenmeisterei
Haute Couture
Weblinks
Commons: Schneider â Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Schneider â Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÃÂbersetzungen
Einzelnachweise
â Karl Peter, Heinrich Miksch: Materialienkunde für die Gewerbe der WeiÃÂnäherinnen und Kleidermacherinnen. Ein Lehrbuch für Frauenfachschulen, fachliche Fortbildungsschulen und Spezialkurse für Textilwarenkunde.
â darin: Das WeiÃÂnäherin-Handwerk (Memento des Originals vom 2. April 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäàAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wackershofen.de
â Max von Boehn: Bekleidungskunst und Mode.
â Johann Werfring: Schneider, Schneider, meck, meck, meck⦠Artikel in der âÂÂWiener Zeitungâ vom 10. Juni 2010, Beilage âÂÂProgrammPunkteâÂÂ, S. 7.
â Mittelalter AâÂÂZ. Abgerufen am 15. Februar 2012.
â Ereignisse im 14. Jahrhundert. Abgerufen am 15. Februar 2012.
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4153182-6 (OGND, AKS)
Abgerufen von âÂÂhttps://de..org/w/index.php?title=Schneider&oldid=208549608âÂÂ
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